Australiens 'gerechte' Verteilung des Wassers

Australien liegt dort auf der Südhalbkugel, wo große Hochdruckgebiete das Wettergeschehen beherrschen. Die dabei entstehenden Winde fegen über das flache, weite Land, ohne auf hohe Berge zu stoßen, die der Luft ihre Feuchtigkeit entziehen könnten.

So machen kaum Erhebungen und hohe Durchschnittstemperaturen Australien zum trockensten Kontinent der Erde.
Der vom Pazifik kommenden Süd-Ost-Passat bringt zwar feuchte Meeresluft, trifft jedoch bereits an der Ostküste auf die Great Dividing Range und lädt so seine ergiebigen Wassermengen über dem schmalen Küstenstreifen ab.

Der Süden und Zentral-Australien werden ganzjährig von heißer und trockener Passatluft beherrscht. Hier können in den Sommermonaten lange Hitzeperioden mit Temperaturen von über 40 °C auftreten. Die Verdunstung ist so hoch, dass die meisten Flüsse im Sommer trocken liegen.

Etwa 90 % der Waldfläche Australiens bestehen aus an die Trockenheit angepassten Eukalyptusgewächsen,

die ätherische Öle absondern.
Vermischen sich die Öltröpfchen mit der Luft, entsteht ein leicht brennbarer Stoff. Besonders bei Blitzeinschlag kommt es dann in diesen extremen Dürreperioden immer wieder zu riesigen Buschbränden,

deren Rauchschwaden sogar vom Weltraum aus zu beobachten sind.
Die Flüsse Murray und Darling mit ihren unzähligen Zuflüssen sind das grösste Flusssystem des Kontinents und die Lebensader des Südosten von Australien.

Das Einzugsgebiet ist so gross wie Deutschland und Frankreich zusammen, insgesamt leben zwei Millionen Menschen in diesem Großraum.
Ohne das Murray-Darling-Flusssystem gäbe es im heißen, trockenen Landesinnern Australiens kein Leben und keine Landwirtschaft.

Um das Wasser zu verwalten wurde 2012 die unabhängige Murray-Darling Basin Authority gegründet.
Die Behörde sollte für eine nachhaltige Nutzung des Wassers sorgen, so dass das Flusssystem nicht geschädigt wird.
Sie sollte außerdem das Wasser gerecht verteilen und einen Konflikt zwischen den Wassernutzern verhindern.

Doch Mitarbeiter der Murray-Darling-Behörde haben großen Agrarunternehmen viel zu viel Wasser genehmigt, die Liste der Versäumnisse ist lang.

In dem riesigen landwirtschaftlichen Bewässerungsgebiet des nördlichen Bundesstaates Queensland zweigen Baumwollkonzerne gigantische Mengen Wasser ab. Zusätzlich haben sie sich das Recht erkauft, nach Gewittern und Monsunregen die überflutete Landschaft abzupumpen und das Wasser in privaten Vorratsbecken zu speichern.

Ohne Rücksicht auf die Umwelt werden Wälder gerodet, Dämme gebaut, um Wasser zu speichern, und Zuflüsse in die Landwirtschaft umgeleitet. Dadurch gelangen riesige Wassermengen gar nicht erst in das Flusssystem.
Immer öfter steht in den südlichen Flussbetten das brackige Wasser, anstatt zu fließen.

Am Unterlauf des Darling River ist der Fluss fast ausgetrocknet, das restliche Wasser ist von toxischen Algen verdorben. Vieh, Wildtiere sowie Millionen von Fischen sind verendet.
Und auch die Bevölkerung leidet immer mehr unter dem Wassermangel.
Aber mehr als neunzig Prozent der hochqualitativen Baumwolle Australiens werden am Oberlauf des Murray-Darling-Flusssystems angebaut.

Baumwollpflanzen sind zwar enorm durstig, doch die gesamte Ernte ist fast zwei Milliarden Dollar wert.
So hat sich die Behörde über den Rat von Experten für die Wasserverteilung hinweggesetzt. Auch die Auswirkungen des Klimawandels auf das Flusssystem sind völlig ignoriert worden.
Eine sichtbare Folge der zu großen Wasserentnahme sind die Schlammablagerungen an der Mündung des Murray River. Seit Oktober 2002 arbeiteten hier zwei Flussbagger ununterbrochen, denn ohne diese Ausbaggerungsarbeiten würde sich die Mündung mit Schlick verschließen.
Nun setzt Australien auf das große Artesische Becken, das wie ein Schwamm von gigantischen Ausmaßen in den Sandsteinschichten zwischen den wasserundurchlässigen Felsschichten das Wasser speichert.

Diese Schichten sind westwärts geneigt und das entlang der Great Dividing Range eindringende Regenwasser fließt maximal fünf Meter pro Jahr westwärts. Nach einer jahrtausendelangen unterirdischen Reise über Hunderte von Kilometern erreicht das Regenwasser schließlich den südwestlichen Rand des Großen Artesischen Beckens.
Dieses Wasserreservoir wurde im Jahr 1878 von europäischen Siedlern entdeckt und der scheinbar unbegrenzten Wasservorrat eifrig angezapft, vor allen Dingen für die Viehwirtschaft.
Durch diese umfangreiche Wasserentnahme wurde das Artesische Becken geschädigt, so dass heute von den ursprünglich gebohrten 4.700 artesischen Brunnen nur noch etwa 3.000 mit eigener Kraft fließen.
Zusätzlich pumpen Windräder

an weiteren 20.000 Bohrlöchern Wasser aus diesem gewaltigen Schwamm herauf.
Und fatalerweise gehen 90 Prozent des an die Oberfläche geholten, artesischen Wassers durch Verdunstung verloren.
Nicht zuletzt wegen der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen gehört das Land pro Kopf zu den höchsten C02-Emmittenten der westlichen Welt. 2017 stammten in Australien 61 Prozent der landesweit produzierten Elektrizität aus Kohlekraftwerken.

Und weil es inzwischen fast überall an Oberflächenwasser fehlt, hat die Regierung dem indischen Rohstoffgiganten Adani erlaubt, unbegrenzt viel Wasser für den Bau und Betrieb einer der größten Kohleminen der Welt aus dem artesischen Becken zu pumpen.
Kein anderes Land der westlichen Welt ist bereits so stark betroffen von der schleichenden Klimakatastrophe wie Australien. Die Zahl und die Zerstörungskraft von Wirbelstürmen haben in den vergangenen Jahren rapide zugenommen.
Waldbrände werden häufiger, heftiger und immer schwieriger, unter Kontrolle zu bringen.

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